Die Lage ist angespannt

Seit Wochen bringen Landwirte aus ganz Europa ihren Unmut mit Demonstrationen und Blockaden zum Ausdruck. Die Landwirte in Europa sind mit der Politik ihrer Länder unzufrieden. Sie kämpfen gegen geplante Kürzungen und mehr Bürokratie. Die finanzielle Situation der Landwirtschaftsbetriebe ist äusserst prekär. Hinzu kommt die enorme Arbeitslast der Betriebsleiterfamilien. Oftmals kann ein Betrieb ohne ein zusätzliches Einkommen von ausserhalb der Landwirtschaft nicht überleben.

In der Schweiz blieb es bis jetzt diesbezüglich (noch) verhältnismässig ruhig. Der Schein trügt jedoch. Die Unzufriedenheit ist auch bei den Schweizer Landwirten und Landwirtinnen gross. In meinem früheren Beitrag „Unhaltbare Zustände“ habe ich bereits auf die Preissituation für Brotgetreide und Ölraps aufmerksam gemacht. So sank der Preis für Ölraps von 2022 auf 2023 um ganze 25% und der Brotgetreidepreis hat sich in den letzten 30 Jahren halbiert. Die Produktionskosten sind in den letzten Jahren regelrecht explodiert.

Da der Zahlungsrahmen bei den Direktzahlungen gleich bleibt, können neue Massnahmen nur abgegolten werden, wenn bei Zahlungen anderer Leistungen gekürzt wird.

Doch nicht nur die tiefen Produzentenpreise geben zu denken, auch die stetig neuen Massnahmen und Vorschriften, welche auf die Landwirte zukommen, belasten die Gemütslage. Zwar macht es jeweils den Anschein, als ob diese zusätzlichen Massnahmen mit den Direktzahlungen abgegolten werden, doch auch dieses Bild ist falsch. Da der Zahlungsrahmen bei den Direktzahlungen gleichbleibt, können neue Massnahmen nur abgegolten werden, wenn bei Zahlungen anderer Leistungen gekürzt wird. Der Bundesrat wollte gleichzeitig sogar noch den Zahlungsrahmen kürzen. Dies konnte immerhin verhindert werden. Trotzdem verstösst in meinen Augen diese Praxis gegen Treu und Glauben.

Im Jahr 2022 verdiente eine Familienarbeitskraft im Durschnitt gerade mal Fr. 4316.- (x13) im Monat.

Aus den vorgenannten Gründen entsteht das Hauptproblem für die Unzufriedenheit der Schweizer Landwirte: Der tiefe Arbeitsverdienst. Im Jahr 2022 verdiente eine Familienarbeitskraft (im Vollzeitpensum) im Durschnitt gerade mal Fr. 4316.- (x13) im Monat. Wie das bei Durchschnittswerten so ist, gibt es einige welche mehr und andere welche weniger verdienen. Leider verdienen rund 60% der Betriebsleiter weniger als der Durschnitt. Bedenklich: Rund 30% verdienen gar nichts mit ihrer Arbeit und leben sogar von der Substanz.

Die Direktzahlungen vom Bund sind in der Summe höher als die kummulierten landwirtschaftlichen Einkommen aller Betriebe zusammen.

Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass der Grossteil der Schweizer Landwirte ohne die Direktzahlungen von Bund keine Überlebenschance haben. Die tiefen Produktepreise decken oftmals nicht einmal die Produktionskosten. Die Abhängigkeit von den Direktzahlungen ist enorm: Der Zahlungsrahmen vom Bund ist in der Summe höher als die kumulierten landwirtschaftlichen Einkommen aller Betriebe zusammen.

Somit ist wohl verständlich, dass es zurzeit auch unter den Schweizer Landwirten brodelt. Insbesondere in der Westschweiz haben sich bereits einige Landwirte formiert. Sie stellen die Ortstafel auf den Kopf und hängen daran alte Stiefel auf. Sie machen so auf die unzufriedene Situation der Schweizer Landwirte aufmerksam. Einige fordern jedoch bereits drastischere Massnahmen, analog Deutschland und Frankreich.

Für mich ist klar, dass solche Demonstrationen und Blockaden für unser Land (zurzeit) der falsche Weg sind.

Für mich ist klar, dass solche Demonstrationen und Blockaden für unser Land (zurzeit) der falsche Weg sind. Vielmehr müssen wir mit allen Mitteln auf die Situation der Schweizer Landwirtschaft aufmerksam machen. Dabei ist der Bauernverband sowie jeder einzelne Landwirt gleichermassen gefordert. Die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse sind viel zu tief. Ein grosses Augenmerk muss dabei auf die Margen der nachgelagerten Betriebe gelegt werden. So stiegen die Preise für Nahrungsmittel in den letzten Jahren zum Teil massiv, ohne dass der Landwirt mehr für sein Produkt erhalten hat.

Veröffentlicht von Markus Dietschi

Unternehmer und Landwirt aus Leidenschaft

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