Schon während der Pandemie und nun während dem Russland-Ukraine Konflikt wird in der Schweiz ausführlich über das Thema Versorgungssicherheit debattiert. Ich möchte den Lesern mit diesem Beitrag meine Sicht als praktizierender Landwirt darlegen.
Oftmals wird bei Thema Versorgungssicherheit nur über die Versorgung von Lebensmitteln gesprochen. Bei der Versorgungssicherheit in Krisenzeiten geht es jedoch um einiges mehr als „nur“ um Lebensmittel. Es geht dabei um Energie, Rohstoffe, Maschinen, Ersatzteile, Landwirtschaftliche Hilfsstoffe (Dünger, Pflanzenschutzmittel) und so einiges mehr. Manchmal wird sogar das WC-Papier zur Mangelware. Ich möchte mit meinem Beitrag aufzeigen, dass beim Thema Versorgungssicherheit immer auch von Abhängigkeit die Rede sein muss.
Dies möchte ich gerne an der, meiner Meinung nach völlig unüberlegten, Forderung der SVP nach einem Plan Wahlen 2.0 aufzeigen. Ich weiss, dass auch viele Landwirte diese Forderung nach einer Anbauschlacht wie im zweiten Weltkrieg unterstützen, denn schliesslich ist es ja unsere in der Verfassung festgeschriebene Aufgabe die Schweizer Bevölkerung mit Lebensmittel zu versorgen. Dabei gilt es jedoch den Fokus nicht nur auf die Ausdehnung der Fruchtfolgeflächen zu legen sondern auch zu überlegen, welche Abhängigkeiten bestehen und welche Auswirkungen diese bei einer Anbauschlacht haben.
Zum Thema Abhängigkeiten in Bezug auf Versorgungssicherheit möchte ich nun etwas ausführlicher werden. Die Schweizer Landwirtschaft ist für die Produktion von hochwertigen Lebensmittel nicht nur auf Landwirtschaftliche Nutzfläche sondern noch auf ganz viel anderes angewiesen. So fahren die Traktoren mit 100% ausländischem Diesel, der Kunstdünger, die Pflanzenschutzmittel, Maschinen und Ersatzteile stammen ebenfalls zum grössten Teil aus dem Ausland. Die Abhängigkeit unserer Lebensmittelproduktion vom Ausland ist enorm. Wären die Grenzen zu, hätten wir ein grosses Problem. Dabei würde auch eine Anbauschlacht nichts ändern.
Wenn man nun die Abhängigkeiten etwas besser kennt, sieht man auch, dass man nicht einfach eine Anbauschlacht fordern kann ohne zuerst die dazu notwendigen Güter und Produkte zu sichern. So wissen wir heute noch nicht, ob wir für das kommende Jahr genügend Stickstoffdünger erhalten werden um die vorhandenen Ackerflächen angemessen zu düngen. Ohne genügend Stickstoffdünger die Anbaufläche auszuweiten und dabei noch die erzielten Erfolge bezüglich mehr Biodiversität aufs Spiel zu setzen, ist meiner Meinung nach keinesfalls zielführend.
Es ist leider eine Illusion zu glauben, wir können unser Land aus eigener Kraft ernähren.
markus dietschi
Schauen wir doch lieber mal was wir eigentlich selber haben. Die Tierbestände in der Schweiz sind nicht nur für die Versorgung mit tierischen Lebensmittel wichtig, sondern auch für die Versorgung der Ackerkulturen mit Nährstoffen. Zudem gibt es ein enormes ungenutztes Potential bei der Vergärung von Hofdünger für die Energieproduktion. Auch wenn für viele der „Gülletourismus“ in der Schweiz ein Fluch ist, so ist es doch bei genauer Betrachtung genau das Gegenteil. Die bei der Tierhaltung anfallenden Nährstoffe tragen einen wesentlichen Teil zur Pflanzenernährung bei. Diese Nährstoffe müssen zudem nicht um die halbe Welt transportiert werden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Thema Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft. Dabei spielt vor allem die Ressourceneffizient eine grosse Rolle. Es geht darum möglichst gute Erträge mit der grösstmöglichen Effizient der zur Verfügung stehenden Ressourcen zu erzielen. Klar, das verwendete Bild mit den „Hasengassen“ (Erläuterung siehe unten) widerspricht diesem Grundsatz teilweise. Aber wie gesagt, dieses erfolgreiche Förderungsprogramm für Feldhasen und Feldlerchen aufzugeben, ohne jedoch sicher zu sein genügend Nährstoffe für die Pflanzenproduktion zu beschaffen, ist zurzeit keinesfalls die Lösung.
„Hasengassen“
Regionsspezifische Biodiversitätsförderfläche auf Ackerfläche
Mit der Getreidesaat in weiten Reihen werden Feldhasen und Feldlerchen im Ackerland gefördert. Die Getreideansaat erfolgt alternierend mit ungesäten und gesäten Reihen. Der Abstand der Reihen in ungesäten Bereichen beträgt mindestens 30 cm. Mindestens 40% der Anzahl Reihen, verteilt über die Breite der Sämaschine, müssen ungesät bleiben.
Als IP-Suisse Produzent ist es mir sehr wichtig das grosse Ganze im Auge zu behalten. Durch mehr Biodiversität profitiert mittel- und langfristig auch die Landwirtschaft. Dabei möchte ich im speziellen die Nützlinge erwähnen, welche dazu beitragen können weniger Pflanzenschutzmittel zu verwenden und somit die Abhängigkeit vom Ausland weiter zu senken.
ABER: Die Entwicklung hin zu immer noch mehr Ökologie und weniger Produktion betrachte ich ebenfalls mit grosser Skepsis. Die Abhängigkeit vom Ausland wird dadurch noch grösser und wir Landwirte mutieren immer mehr zu Landschaftsgärtnern. Lasst uns auf den für die Produktion verbliebenen Flächen Nahrungsmittel sowie Futter für die heimischen Tiere produzieren. Wir Landwirte hingegen setzen auf eine nachhaltige Produktion und schonen dabei unsere Ressourcen.