Als Betriebsleiter eines Ackerbaubetriebes und Inhaber einer Stellenvermittlungsfirma kenne ich die Herausforderung der Landwirtschaft und auch jene eines Kleinunternehmers. Eines kann ich bereits am Anfang versichern: Die Herausforderungen sind keinesfalls dieselben.
Als selbständiger Unternehmer geht es in erster Linie darum, Kunden zu gewinnen und Umsatz mit einer angemessenen Marge zu generieren. Der Erlös muss ausreichen, um sämtliche Kosten zu decken, die Löhne der Mitarbeiter zu bezahlen und wenn möglich einen Gewinn auszuweisen. Viele würden jetzt sagen, das ist doch in der Landwirtschaft nicht anders. Doch weit gefehlt! Gibt es doch die sogenannten Direktzahlungen, ein Produkt der Schweizer Agrarpolitik. Klar, auch ein Landwirt muss dafür sorgen, dass er die Kosten decken kann. Der grosse Unterschied dabei liegt in der Abhängigkeit der Direktzahlungen. Zwar werden 80 % des Ertrages aus der Produktion von landwirtschaftlichen Produkten erzielt. Wenn man jedoch den gesamten Ertrag der Schweizer Landwirtschaft den gesamten Kosten gegenüberstellt, stellt man fest, dass die Einkünfte aus dem Verkauf der Erzeugnisse nicht einmal die Kosten decken. Bei dieser Gegenüberstellung ist der Lohn für die familieneigenen Arbeitskräfte noch nicht einmal enthalten.
Der gesamte Ertrag der Schweizer Landwirtschaft deckt nicht einmal die Kosten.
Wenn man noch etwas genauer hinschaut, sieht man, dass es trotzdem Betriebe gibt, die fast ganz ohne Direktzahlungen auskommen. Darunter fallen intensive Tierhalterbetriebe, Obst und Gemüseproduzenten. Diese Tatsache bedeutet im Umkehrschluss, dass es sehr viele Betriebe gibt, die mit dem Anteil der Direktzahlungen nicht nur ihren Lohn generieren, sondern einen Teil davon für die Deckung der Kosten benötigen. Dies betrifft hauptsächlich reine Ackerbaubetriebe und den grössten Teil der Berglandwirtschaft. Würden nun diese Direktzahlungen in Form von Subventionen ausbezahlt, so wie viele Schweizer immer noch der Meinung sind, dann wäre der Unterschied zwischen der Landwirtschaft und dem Kleinunternehmen gar nicht mal so gross. Klar, als Kleinunternehmer erhalte ich keine Subventionen, aber ich hätte ja als Landwirt trotzdem noch unternehmerische Freiheit.

Doch genau diese Freiheit wird immer mehr eingeschränkt. Das liegt darin, dass Direktzahlungen, wie es der Name etwas vermuten lässt, mit Leistungen verknüpft sind. Damit diese Zahlungen fliessen, muss der Landwirt gewisse Leistungen erbringen. Ich möchte hiermit festhalten, dass ich die Grundidee dieser Direktzahlungen nach wie vor gut finde. Doch wo liegt nun das Problem? Die Politik legt einerseits den Zahlungsrahmen für die Unterstützung der Landwirtschaft fest. Dieser Zahlungsrahmen hat sich während der letzten Jahre kaum verändert. Die Politik sorgt dann separat für die Verteilung der Gelder, oder besser gesagt, definiert die Leistungen, welche damit abgegolten werden sollen. Hier wird es spannend: Aufgrund der immer grösser werdenden Erwartungshaltung der Bevölkerung an die Landwirtschaft, hat die Politik immer weiter reichende Forderungen für den Erhalt von Direktzahlungen geknüpft. Gleichzeitig sind die Preise für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse auf tiefem Niveau verharrt und die Kosten gleichzeitig gestiegen.
Man könnte das in etwa so vergleichen: Ein Tourist, welcher jedes Jahr zwei Nächte in einem Hotel übernachtet, fordert plötzlich drei Übernachtungen, ohne jedoch mehr dafür bezahlen zu wollen.
Ein Landwirt, welcher aufgrund seiner Betriebsausrichtung oder Standortes, auf Direktzahlungen angewiesen ist, muss nun immer mehr Leistungen erbringen, um die überlebenswichtigen Direktzahlungen zu erhalten und dies bei gleichbleibendem Zahlungsrahmen. Das jüngste Beispiel der parlamentarischen Initiative 19.475 zeigt dies eindrücklich. Um die neuen Massnahmen betreffend Reduktion von Pflanzenschutzmittel zu bezahlen, wird auf der anderen Seite bei der Versorgungssicherheit gekürzt. So wird heute ein immer grösserer Teil der Direktzahlungen dazu verwendet, die Landwirtschaftliche Produktion zu extensivieren und somit zu reduzieren. So erwirtschaften die Betriebe einerseits weniger Ertrag über den Verkauf ihrer Produkte, während auf der anderen Seite die Zahlungen für die gesamten geforderten Leistungen gleichbleibt. Man könnte das in etwa so vergleichen: Ein Tourist, welcher jedes Jahr zwei Nächte in einem Hotel übernachtet, fordert plötzlich drei Übernachtungen, ohne jedoch mehr dafür bezahlen zu wollen.
So wird heute ein immer grösserer Teil der Direktzahlungen dazu verwendet, die Landwirtschaftliche Produktion zu extensivieren und somit zu reduzieren.
Dank dem Strukturwandel ist es gelungen, dass die Betriebe grösser und effizienter wurden. Grössere Betriebe bedeuten jedoch auch grössere Risiken und höhere Arbeitslast. Immerhin ist das durchschnittliche Einkommen eines Betriebsleiters nicht noch weiter gesunken. So verdiente im Jahr 2021 ein Vollzeit arbeitender Betriebsleiter im Durchschnitt rund Fr. 4’600.- (x13) im Monat. Man beachte, dass rund 60 % der Schweizer Betriebe unter diesem Durchschnitt zu finden sind. So oder so kann man bei diesem Lohn kaum von einem angemessenen Einkommen sprechen.

Ein weiteres Problem ist die Wirkung der erfolgten Massnahmen auf die gesteckten Ziele. Einige der Massnahmen haben zwar ihre Wirkung gezeigt, jedoch reichen diese vielen noch nicht aus. So wurden in den letzten Jahren schweizweit rund 19 % der landwirtschaftlichen Nutzflächen als extensive Flächen ausgeschieden. Gefordert wurden vom Bund lediglich 7 %. Man stellte nun fest, dass die Qualität dieser Flächen besser sein könnte. Anstatt sich nun auf die Aufwertung dieser Flächen zu konzentrieren, müssen ab 2024 3.5 % der wertvollen Ackerflächen mit Biodiversitätsförderflächen aus der Produktion genommen werden. Man erhofft sich dabei mehr Biodiversität. Obwohl man heute weiss, dass Biodiversitätsförderflächen auf mageren Standorten, also auf bereits extensivierten Flächen, viel besser gelingen, fordert man nun genau das Gegenteil und entfernt sich noch weiter vom verfassungsmässigen Auftrag der sicheren Versorgung der Bevölkerung. Der Zusatzaufwand für die Anlegung und den Unterhalt dieser Flächen steht zudem in keinem Zusammenhang mit den dafür vorgesehenen Direktzahlungen. Dies nur ein Beispiel der vielen unsinnigen Massnahmen.
Spätestens jetzt muss einem klar sein:
Die Argrarpolitik ist gescheitert!
Zum Schluss kommt noch das Sahnehäubchen: Die Anforderungen für Direktzahlungen werden auch für die nächsten Jahre erhöht. Gleichzeitig schlägt der Bund eine Kürzung beim Landwirtschaftsbudget vor. Es kann doch nicht sein, dass zusätzliche Auflagen gestellt werden und dabei der Zahlungsrahmen nicht angepasst wird. Spätestens jetzt muss einem klar sein: Die Agrarpolitik ist gescheitert!